Auf dem Weg zu einem gesunden Arbeitsplatz
Ein Interview darüber, wie die Digitalisierung die betriebliche Gesundheitsförderung verändert
Teil 1: Was ist überhaupt betriebliche Gesundheitsförderung und warum sollten Unternehmen dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken?
Unsere Kollegin Sonja Heinemann ist Expertin für das Thema „Betriebliche Gesundheitsförderung“. Zusammen mit weiteren Kolleg:innen entwickelt sie innovative Konzepte und Ideen zur Nutzung digitaler Tools in der Gesundheitsförderung. In diesem Interview gibt uns Sonja Heinemann Einblicke in ihre Arbeit und verrät uns, warum nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch Unternehmen unmittelbar von der betrieblichen Gesundheitsförderung profitieren.
Sonja, was genau verstehen wir unter betrieblicher Gesundheitsförderung?
Sonja Heinemann: Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst sämtliche Maßnahmen und Aktivitäten, die die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden fördern. Dazu gehören neben körperlichen auch psychische Aspekte. Für Unternehmen bedeutet es, dass sie ein Arbeitsumfeld schaffen, das Mitarbeitende unterstützt, ihre Gesundheit zu erhalten. Wie das genau aussieht, ist dabei von Unternehmen zu Unternehmen und auch innerhalb eines Betriebes unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren, z.B. der genauen Tätigkeit der Mitarbeitenden, ab.
Da werden wir noch genauer drauf eingehen. Vorab aber die Frage, wie schätzt du die Relevanz des Themas für Unternehmen ein?
Sonja Heinemann: Hoch. Insbesondere in der heutigen, sehr schnelllebigen Arbeitswelt gewinnt die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden immer mehr an Bedeutung. Eine ständige Erreichbarkeit, zunehmende Arbeitsbelastung durch Fachkräftemangel und der Druck mit digitalen und technischen Entwicklungen Schritt zu halten, sorgt bei vielen Beschäftigten für Stress. Wenn das zum Dauerzustand wird, wirkt sich das auch auf die Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden aus.
Was können Unternehmen tun, um dem entgegenzuwirken bzw. es gar nicht so weit kommen zu lassen?
Sonja Heinemann: Genau hier beginnt dann die betriebliche Gesundheitsförderung (lacht). Unternehmen können, wie schon gesagt, verschiedene Maßnahmen umsetzen, die im, aber auch außerhalb des Betriebs stattfinden können. Mit Gesundheitschecks, -kursen und Beratungsangeboten kann erstmal Bewusstsein für das Thema geschaffen und Aufklärung bei der Belegschaft betrieben werden. Darüber hinaus können z.B. Fitness- und Sportangebote oder die finanzielle Unterstützung von Sportkursen oder Job-Bikes konkrete Anreize schaffen, mit denen Mitarbeitende sich körperlich fit halten können, auch nach der Arbeitszeit.
Und was ist mit der mentalen Gesundheit?
Sonja Heinemann: Auch hier sind Aufklärung und Beratungsangebote sehr wichtig. Zudem sollte die Gesundheitsförderung Teil der Unternehmenskultur sein und einen hohen Stellenwert haben. Die Einbindung von Führungskräften spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Sie haben den direkten Draht zu den Mitarbeitenden und sollten das Thema daher unterstützen, selbst als Vorbild fungieren und die Bedeutung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz kommunizieren. Durch die Sensibilisierung und Schulung von Führungskräften können z.B. Überlastungen am Arbeitsplatz früh erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Hieraus ergeben sich doch auch klare Vorteile für Unternehmen und nicht nur für die Mitarbeitenden, oder?
Sonja Heinemann: Auf jeden Fall. Als erstes gilt: gesunde und zufriedene Mitarbeitende sind produktiver, leistungsfähiger, aber auch leistungsbereiter und motivierter. Das wirkt sich direkt auf die Arbeit und Unternehmensleistung aus. Weitere positive Effekte sind weniger Ausfall durch Krankheit, ein besseres Betriebsklima und eine geringere Fluktuation. Nicht zuletzt sollte die betriebliche Gesundheitsförderung auch als effektives Instrument gegen den Fachkräftemangel gesehen werden, denn dadurch können Mitarbeitende gehalten und neue Fachkräfte gewonnen werden. Die positive Außenwirkung dieses Themas sollten Unternehmen nicht unterschätzen.
Welchen Tipp kannst du Unternehmen geben, die sich dem Thema annehmen möchten. Wie sollte man vorgehen?
Sonja Heinemann: Zunächst sollte man betriebliche Gesundheitsförderung als ganzheitlichen Ansatz verstehen und die Mitarbeitenden aktiv mit einbinden. Zu Beginn des Prozesses sollte immer eine Anlyse der Ausgangssituation und Bedarfe stehen. Schon hier ist es zentral die Mitarbeitenden mitzunehmen und zu fragen, wo sie sich Unterstützung wünschen und welche Maßnahmen sich im Arbeitsalltag gut integrieren lassen. Ansonsten gibt es vielseitige Unterstützungsangebote, z.B. von Krankenkassen, die gute Impulse setzen und bei der Einführung betrieblicher Maßnahmen unterstützen. Unternehmen, die bisher kaum Angebote in der betrieblichen Gesundheitsförderung haben, rate ich auch erstmal mit kleineren Maßnahmen zu beginnen, zum Beispiel einer aktiven Pause oder einem Obstkorb. Es zeigt oftmals schon Wirkung, wenn das Thema mehr ins Bewusstsein des Unternehmens gerückt wird.
Das war der erste Teil des Interviews. Der zweite Teil erscheint am 19. Juli und beschäftigt sich mit der Frage, wie digitale Tools die Gesundheitsförderung unterstützen und wie Unternehmen diese einsetzen können.